Ich bin da sehr arg im Zwiespalt - irgendwie weiß ich grad gar nicht, was ich über diese Sache denken soll.
Einerseits habe ich natürlich das Van Morrison-Konzert in Kew Gardens nächsten Juli im Kopf und durch diese Aktion wäre es naheliegend, dass da ein Überraschungsgast auftaucht, den ich schon irgendwie schätze
Andererseits kotzt mich dieses Thema langsam an und ich werde immer ratloser, was denn nun richtig und was falsch ist.
Um uns rum ist überall Corona - in der Arbeit, bei Freunden, Bekannten etc. Keine Ahnung, ob ich es evtl. auch schon hatte, möglich wäre es. Man muss Maßnahmen treffen und sich und andere so gut es geht schützen - keine Frage! Eine Ansteckung kann verdammt dumm ausgehen. So lästig es ist, aber ich habe die Maske wirklich teilweise 8 Stunden täglich permanent auf und es ist ok. Man gewöhnt sich dran. Aber wenn ich täglich mit über tausend wildfremden Menschen in der Arbeit kommunizieren muss, die teilweise absolut rücksichtslos mir gegenüber sind, ich andererseits aber mit meiner Familie und Freunden keinen Kontakt mehr haben darf, obwohl ich von denen weiß, dass sie aufpassen, damit mir nix passiert, dann krieg ich langsam nen Hals. Meine Tochter hat kein Auto, also muss ich sie holen, wenn sie ihre Großeltern besuchen will. Ich darf sie dort aber nur absetzen und nicht auch noch mit rein, denn dann wären wir drei Haushalte, die nicht erlaubt sind (400,-- EUR Strafe/Person). Bringe ich sie anschließend heim und gehe dann zu meinen Eltern, ist das aber ok. Kontakt ist derselbe. Wo ist da die Logik? Und warum dürfen mir in der Arbeit täglich Tausende Fremde ins Gesicht niesen, mir auf die Pelle rücken, sich gegen die Maske wehren und mich beschimpfen, und bei meinen eigenen Eltern muss ich im Auto vor dem Haus warten bis meine Tochter rauskommt, um danach auch mal kurz reinzudürfen?
Mich macht das alles gerade fürchterlich wütend, weil die Regelungen völlig hirnrissig sind. Beispiel Gottesdienste: Die dürfen stattfinden, aber der Comedian im kleinen Theater darf nicht auftreten, obwohl dort alles für ein super Hygienekonzept getan wurde. Der Pfarrer darf vor seinen Gläubigen predigen, der Comedian darf seine Zuschauer nicht belustigen. Sagt mir bitte, wo hier der Unterschied in der Ansteckungsgefahr ist. Ich sehe ihn nicht. Genauso wie diese privaten Kontaktbeschränkungen. Familie darf man nicht besuchen, in der Arbeit muss man aber zu unzähligen wildfremden Leuten Kontakt haben. Da läuft doch was total schief.
Ich verstehe, wenn sich die Künstler gegen diese Beschränkungen und diese Ungerechtigkeit (Pfarrer/Comedian) auflehnen. Die Branche wird total zerstört, andere dürfen fast normal weitermachen. Andererseits verstehe ich aber auch, dass Beschränkungen nötig sind. Nur diese völlig sinnfreie Ungerechtigkeit will mir nicht in die Birne. Es allen recht zu machen haut nicht hin, aber es sollte doch wenigstens logisch nachvollziehbar und wenigstens einigermaßen gerecht sein. Die Kulturbranche muss sich wehren, aber auch mit Maß, denn Normalität ist grad einfach nicht drin. Wenn Van und EC darauf pochen, dass die Konzerthallen voll sind wegen der Rentabilität, dann ist das nicht ok, denn es ist keine normale Zeit und man muss eben Abstriche machen. Und gerade die Beiden werden nicht am Hungertuch nagen, wenn sie mal vor weniger Gästen spielen. Kleine Künstler sollten aber dafür kämpfen, auftreten zu dürfen - im kleinen Rahmen mit akzeptablem Hygienekonzept. Denn damit bringen sie die Leute nicht mehr in Gefahr, als wenn diese im Supermarkt einkaufen - oder dem Pfarrer in der Kirche lauschen. Und die Leute brauchen Zerstreuung und was, auf das sie sich freuen können - gerade jetzt in dieser schon so lange andauernden Sch...zeit. Und die Künstler müssen leben dürfen, denn gerade in Krisen wie diesen sind sie absolut SYSTEMRELEVANT!
Bin gespannt, ob das Konzert in Kew stattfindet und ob ich evtl. noch ein Gudzerle dazubekomme.
Bleibt alle gesund.
LG Petra