2021 < Rückblick - Vorblick > 2022

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trablu
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2021 < Rückblick - Vorblick > 2022

Beitrag von trablu »

Vor einem Jahr habe ich hier in diesem Forum meinen ersten Jahresrückblick überhaupt geschrieben.
Inspiriert durch ein Jahr, das mit keinem zuvor vergleichbar war.

Jetzt in einer Vorbemerkung zu einem zweiten Jahresrückblick zu schreiben, dass das in wenigen Stunden zu Ende gehende Jahr Geschichte sein wird, trifft es nicht.
Weil mit dem 01.01.20 ein neues Buch der Geschichte der Menschheit begonnen wurde – Titelvorschlag: DAS NEUE LEBEN.
2020 war das erste Kapitel dieses Buches und 2021 das zweite.
Dieses zweite Kapitel endet in wenigen Stunden. Dann beginnt mit 2022 das dritte.

Rückblick 2021

Waldbrände in den USA, in Griechenland, Italien, Spanien, in der Türkei, in Frankreich und in Algerien.
Starkregen in den USA, Mexiko, in Frankreich, in Indien – und dazu noch flutartige Überschwemmungen in den USA, in Japan, in Deutschland und in Italien. In Kanada zudem noch Erdrutsche.
Erdbeben in Mexiko, in Pakistan, in Japan, auf Bali, auf Haiti und auf La Palma.
Vulkanausbrüche auf La Palma und auf Java.
Tornados in den USA, in Deutschland und auf Korsika – und ein Taifun auf Haiti, sowie ein Zyklon mit nachfolgender Sturzflut in Oman.
Auf Grönland hat es geregnet und in der Atacama Wüste in Chile hat es geschneit.
In Spanien hat es eine nie dagewesene Hitzewelle gegeben.
In Brasilien Überschwemmungen und Starkregen, der zu zwei Staudammbrüchen führte.
In Kenia und auf Madagaskar Dürre.

Nicht zu vergessen Corona – in New Orleans konnten vor einem Hurrikan die Kliniken nicht evakuiert werden, weil es zu viele Corona-Patienten gab.
Und in der Elfenbeinküste hat es wieder Fälle von Ebola gegeben.

Dazu Fehlentscheidungen völlig inkompetent wirkender Politiker. Nicht nur in Deutschland.
Sowie eine durch alle Bevölkerungsschichten gehende „Bewegung“, die sich durch dümmlichen Egoismus definiert. Und der sich auch Promiente zugehörig fühlen. Nicht nur in Deutschland.

Es liest sich wie ein erster Entwurf zu dem Katastrophenfilm 2012.
Aber es ist nicht Science-Fiction. Es ist die Realität des Jahres 2021.

Ich habe diese „Neue Wirklichkeit“ – der Begriff ist im vergangenen Jahr 2020 als Definition des Lebens unter Corona geprägt worden – als tägliche gut einstündige „Unterhaltung“ erlebt. Je nachdem, wie oft ich TV- oder Online-Nachrichten konsumiert habe.
Und diese neue Wirklichkeit hat mich in diesem Jahr maßgeblich beschäftigt und wohl auch maßgeblich neu geprägt. Mein neues Leben begann also mit 57 in diesem Jahr.
Die vergangenen 50 Jahre sind abgeschlossene Vergangenheit.

In diesem neuen Leben gab es natürlich auch schon Kultur – die „Jagger/Richards-Band feat. Ron Wood“ ist in den USA auf Tour gegangen. Sie haben die Rolling Stones gecovert. „Stones 2021“ hieß ihr Programm.
Und Bob Dylan hat es auch nicht zu Hause gehalten. Nach der Zwangspause vergangenen Jahres und einem Konzertfilm 2021, der wieder ein Karriereende andeutete, war auch er wieder unterwegs. Mit umbesetzter und erweiterter Tourband und einer Setlist, die sich vorrangig an seinem letzten Studioalbum orientierte.

Mein „Soundtrack“ 2021 war die Musik der Vergangenheit.
Vorrangig Blues und Country. Sowie Folk und etwas Jazz. Also die Genres abseits des Mainstreams, zu dem ich inzwischen auch einen ehemaligen Kunststudenten aus Ripley zähle.

Blues ... von u. a. Muddy Waters, Buddy Guy, B.B. King und Freddie King ... & Beyond von u. a. Mike Bloomfield, Paul Butterfield, Johnny Winter und Stevie Ray Vaughn.
In chronologischer Reihenfolge der Aufnahmedaten. Ich bin jetzt, im dritten Jahr in Folge, Ende der Siebziger angekommen. Nach den 30ern – 40er, den 50ern und 60ern. Also nach Robert Johnson und T-Bone Walker, nach dem klassischen Muddy Waters und den epochalen frühen Aufnahmen von Freddy King. Und nach der Paul Butterfield Blues Band und den frühen Stones.
Und vielen, vielen anderen mehr – von Ahnen und Erben. Sozusagen FATHERS AND SONS.

HARD AGAIN von Muddy Waters, STONE CRAZY von Buddy Guy und THERE MUST BE A BETTER WORD SOMEWHERE von B.B. King (höre ich wohl nächstes Jahr) sind für mich die stärksten und besten Bluesalben überhaupt.
Muddy Waters das erste Mal im Studio mit Johnny Winter. Buddy Guy mit seiner Tourband an einem konzertfreien Tag in einem Studio in Frankreich. Und B.B. King ohne Bläser, mit der Konzentration rein auf seine Stimme und auf seine Gitarre.

Country, vor allem von Johnny Cash.
Folsom Prison und San Quentin. Nicht die Originalalben, sondern die erweiterten Legacy-Editions mit den (nahezu?) kompletten Auftritten. Der Geächtete des Country bei den verurteilten Schwerverbrechern.
Auch hier in chronologischer Reihenfolge. Ich bin jetzt in den Achtzigern angekommen.
Dazu die Carter Family, Kris Kristofferson und Emmylou Harris.
Und als Start 2021 die ANTHOLOGY OF AMERICAN FOLK MUSIC von Harry Smith. Eine ursprünglich auf drei Doppel-LPs veröffentlichte, nicht lizensierte, Zusammenstellung amerikanischer Volksmusik der Jahre 1926 – 1933.
Diese Sammlung war – lt. Joan Baez – die „Bibel“ in Greenwich Village Ende der fünfziger bis Anfang der sechziger Jahre. Also die Inspiration für u. a. Bob Dylan.

Überhaupt Bob Dylan.
Auch hier in chronologischer Reihenfolge die Studioalben. BRINGING IT ALL BACK HOME, HIGHWAY 61 REVISITED und BLONDE ON BLONDE. Ergänzend die BOOTLEG SERIES VOL. 12 – THE CUTTING EDGE 1965 – 1966 (Limited Edition, wie alle Folgen der Bootleg Series). Und das Buch LIKE A ROLLING STONE – DIE BIOGRAFIE EINES SONGS von Greil Markus. Es ist unfassbar, was Dylan in den anderthalb Jahren komponiert und aufgenommen hat. Und nebenbei Konzerte, Konzerte, Konzerte.
Dann die BOOTLEG SERIES VOL. 11 – THE COMPLETE BASEMENT TAPES. Die Aufnahmen mit den Musikern, die sich später The Band nannten, und mit denen er für das Genre „Americana“ den Grundstein legte und das er mit seinem im gleichen Zeitraum aufgenommenem Countryalbum JOHN WESTLEY HARDING begründete.
Und die Gospel-Trilogie SLOW TRAIN COMING / SAVED / SHOT OF LOVE. Ergänzend und vorausschauend THE BOOTLEG SERIES VOL. 16 – SPRINGTIME IN NEW YORK 1980 – 1985, mit Rehearsals der RETROSPECTIVE TOUR und Outtakes der Alben SHOT OF LOVE und INFIDELS.
Auf der SHOT OF LOVE-Tour habe ich mein erstes Bob Dylan-Konzert gesehen, 1981 in Bad Segeberg.

Und Grateful Dead.
Natürlich auch in chronologischer Reihenfolge der Studioalben. Begonnen im vergangenen Jahr bin ich hier jetzt bei GO TO HEAVEN angekommen. Dem letzten Album vor der Pause, nach der dann nur noch IN THE DARK und BUILT TO LAST (welch prophetischer Titel) aufgenommen wurden.
Diese Chronologie enthielt auch die Studioalben Jerry Garcias und Bob Weirs.
Wie auch bei Dylan, wurden auch bei Dead Erinnerungen an das erste (und einzige) Konzert wach, das ich gesehen habe. 1990 in Hamburg. Neben den Stones 1981, Dylan/Santana/Baez 1984 und Springsteen 2013 das Konzert, das bei mir den stärksten und nachhaltigsten Eindruck hinterlassen hat. Eine Geschichte für sich.

Zwischendurch Interpreten wie James Booker, Ry Cooder, die Old Merry Tale Jazzband, Pentangle, Pete Seeger und natürlich die Rolling Stones, Neil Young und The Who.

Paddy Moloney habe ich mit dem Album THE LONG BLACK VEIL gedacht, auf dem Musiker:innen wie Sinéad O´Connor, Sting, Ry Cooder sowie Mick Jagger und die Stones Irish Folk bringen, begleitet von den Chieftains.
Dabei wurde wieder die Erinnerung an mein einziges Chieftains-Konzert wach, auf dem ein Stones-Medley – u. a. SATISFACTION – instrumental in Irish Folk-Manier gespielt wurde.
Charlie Watts gedachte bei jedem Stones-Album.

In diesem Jahr habe 342 Alben von 93 Künstler:innen gehört.
Ich bin in meinem 2019 gestarteten CD-Spiel gut vorangekommen – jedes Album nur einmal hören. Wobei eine Box (wie die drei Dylan-Kisten) als ein Album zählt.
Insgesamt habe ich (seit 2019) 1.187 Alben gehört.

Ich habe es mir in meinem neuen Leben eingerichtet.
Musik gehört dazu.

Vorblick 2022

Der Klimawandel wird weitergehen: In den nächsten fünf Jahren – also bis 2026 – könnte ein 45 km breiter Eisschild am Ende eines Gletschers in der Antarktis breche, weil der Gletscher selbst Risse bekommt. Das dann ins Polarmeer strömende Gletscherwasser würde eine Anhebung des Meeresspiegels um 65 cm bedeuten.

Und auch die Pandemie wird weitergehen: Forscher des Pharmakonzerns Pfizer gehen davon aus, dass Corona noch drei Jahre anhalten wird, also bis 2024.
Der derzeitige Bundesgesundheitsminister rechnet mit einer 5. Welle ab Januar 2022.
Omikron soll dann mit einer Härte zuschlagen, die es bis dato noch nicht gegeben hat.

Also Klimawandel Jahr zwei und Corona Jahr drei. Jeweils mit allen erdenklichen und noch nicht abzusehenden Folgen.

Dazu vielleicht noch eine Weltfinanz- und Wirtschaftskrise und ein Krieg in Südost-Europa, der sich zu einem zusätzlichen Flächenbrand ausweitet.
So oder so: Wir werden uns möglicherweise auf eine „Ära der Enthaltsamkeit“ einstellen müssen.

Für mich wird es wohl im kommenden Jahr weitergehen wie in diesem.
CD-Spiel Jahr drei.

Ich will mich intensiv mit Woody Guthrie und Bruce Springsteen beschäftigen.
Ihre Biografien lesen und ihre und die Musik passender anderer Interpreten hören.
Ohne natürlich andere zu vernachlässigen. Blues und – in diesem Jahr etwas vernachlässigt – Jazz.
War dieses Jahr eher dass der Studioaufnahmen, soll das kommende das der Liveaufnahmen werden.
Es wartet einiges.

Zum Schluss noch zu Eric Clapton:

Ich verfolge seine Karriere seit Beginn der achtziger Jahre. 1987 das erste Konzert, 2016 das letzte.
Und das ist es live für mich gewesen. Ich habe keinen Clapton-Auftritt gesehen, der mich wirklich vom Hocker gehauen hat – Bob Dylan hat da ein ganz anderes Kaliber geliefert.

Bei den Tonträgern sieht es ähnlich aus: Das letzte Clapton-Album habe ich 2020 gehört. SLOWHAND AT 70 LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL.
Die LOCKDOWN SESSIONS habe ich. Und noch keine Ahnung, wann ich sie hören werde.

Ich bin – und war auch nie – ein Clapton-Fan im klassischen Sinne.

Sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik in den Sechzigern ist unbestritten – danach dann diskutabel. Mit Cream kann ich nicht wirklich etwas anfangen. Und mit Blind Faith sowieso nicht. Ein Industrieprodukt, das meiner Meinung nach zu Recht gescheitert ist.

Ab einem bestimmten Lebensalter zeigt sich, ob Musiker Musik machen, weil sie wirklich noch künstlerisch brennen oder ob es Langeweile oder schlichtweg der Kommerz ist. Zumindest bei denen die finanziell ausgesorgt oder mehr als ausgesorgt haben.

Eric Claptons Feuer ist so gut wie erloschen.

trablu
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